Monday, September 19, 2011

Ralph Giordano kritisiert Bundespräsident Christian Wulff

Der Publizist Ralph Giordano wirft Bundespräsident Christian Wulff (CDU) anlässlich des Staatsbesuches des türkischen Präsidenten Abdullah Gül Kritiklosigkeit im Umgang mit dem Islam vor. In einem offenen Brief in der Tageszeitung “Die Welt” (Dienstagausgabe) kritisiert Giordano die von Christian Wulff geäußerte These, dass “Islam und Demokratie, Islam und Rechtsstaat, Islam und Pluralismus kein Widerspruch sein müssen”. Dieser Satz, schreibt Giordano, verrate “eine so verstörende Unkenntnis der Wirklichkeit, eine derart blauäugige Gleichsetzung des real existierenden Islam mit einem EU-konformen Islam, dass es einem die Sprache verschlagen will”. Der türkische Ministerpräsident Recep Tayyib Erdogan, der von Wulff stets hoch gelobt werde, leugne den Völkermord an den Armeniern 1915/16 im türkisch-osmanischen Reich und erweise sich immer offener als Gegner Israels. Zudem vermisse er bei Wulff “jede Kritik an menschenrechtsfeindlichen Auffassungen und Praktiken innerhalb der türkisch-arabisch dominierten muslimischen Minderheit”, schreibt Giordano. Es sei zwar eine Ehre der Nation, jeden Zuwanderer, Fremden oder Ausländer vor der Pest des Rassismus und seinen Komplizen zu schützen, stellt Giordano fest. Doch gelte auch: “Gleichzeitig ist es bürgerliche Pflicht, sich gegen Sitten, Gebräuche, Traditionen und Mentalitäten zu wehren, die jenseits von Lippenbekenntnissen den freiheitlichen Errungenschaften der demokratischen Republik ablehnend bis feindlich gegenüberstehen.” Von all diesen Problemen, so Giordano, lese er in Wulffs Kommentaren zum Migrations-/Integrationskomplex nichts. “Stattdessen Statements wie ,Ich schwärme für die guten deutsch-türkischen Beziehungen`, gleichsam als handelte es sich um eine Multikulti-Idylle, die durch sozialtherapeutische Maßnahmen behoben werden könnte.” Er selbst sehe sich an der Seite kritischer Muslime und Muslimas, schreibt Giordano, der mit seiner Familie von den Nazis verfolgt wurde. Er schließt seinen Brief mit dem Appell an Wulff, zur Kenntnis zu nehmen, dass es keineswegs unbedrohlich sei, eine kritische Meinung zu äußern: “Nach den Erfahrungen in Hitlerdeutschland gibt es nur eine Gesellschaftsform, in der ich mich sicher fühle – die demokratische Republik.”
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