Thursday, June 25, 2015

Österreich: Koalition nach Asylgipfel völlig zerkracht

Der Gipfel zur Aufteilung von Flüchtlingen in Österreich vom Mittwoch ist nicht nur gescheitert, er hat auch zu einem schweren Zerwürfnis zwischen den Koalitionspartnern SPÖ und ÖVP geführt. Kanzler Werner Faymann und Vizekanzler Reinhold Mitterlehner machten einander am Donnerstag Vorhaltungen, jeweils assistiert von Parteisekretären, Klubobleuten, Ministern und Landeshauptleuten. Bundespräsident Heinz Fischer findet den Streit "besorgniserregend", er mahnt Regierung, Länder und Gemeinden, im Asylstreit gemeinsam mit den Hilfsorganisationen "an einem Strang zu ziehen". Caritas, Rotes Kreuz und Volkshilfe forderten eine "sofortige Rückkehr an den Verhandlungstisch".Die Schilderungen über das, was am Mittwochabend im Kanzleramt beim Flüchtlingsgipfel mit den Landeshauptleuten vorgefallen ist, gehen auseinander, je nachdem, wer die Geschichte erzählt. Die rote Fassung: Bis zum Beginn des Gipfels um 17 Uhr habe es eine gemeinsame Regierungsposition gegeben, die im Wesentlichen eine Bezirksquote für die Aufteilung der Flüchtlinge vorgesehen habe – der sogenannte Faymann-Plan, dem Mitterlehner mehrfach zugestimmt habe. Diese Variante sei vereinbart und abgesprochen gewesen. Bis 17 Uhr. Dann habe Niederösterreichs Landeshauptmann Erwin Pröll Mitterlehner angeschrien – und Mitterlehner habe seine Position geändert. Plötzlich sei er mit den schwarzen Landeshauptleuten gegen die Bezirksquoten gewesen, damit habe es beim Gipfel keine Einigung geben können.Die schwarze Variante: Ja, es sei sehr emotionell zugegangen, Pröll habe allerdings nicht Mitterlehner, sondern Faymann angeschrien. Und über die Bezirksquoten habe es nie eine Einigung gegeben. Es habe keine gemeinsame Regierungsposition gegeben, Mitterlehner habe diese daher auch nicht verlassen können. Tatsache sei, und das könne man nachlesen, dass Faymann vorab der Kronen Zeitung eine Einigung beim Asylgipfel verkauft habe. Die Diskussion in der Runde mit den Landeshauptleuten sei sehr heftig gewesen, vor allem die ÖVP-Proponenten sprachen sich gegen Quoten für die Bezirke aus, diese würden gegeneinander ausgespielt, das sei nicht praktikabel – als das Gerücht die Runde machte, Faymann habe der Krone seinen Plan bereits als Einigung verkauft. Mitterlehner ließ sich die Abendausgabe besorgen und las gegen 19 Uhr aus der Krone vor: "Die Kernpunkte des Regierungsplans zur fairen Verteilung von Asylwerbern in ganz Österreich sollen bei den neun Landeshauptleuten weitgehend auf Zustimmung gestoßen sein." Dann sei die Stimmung gekippt.Mitterlehner am Donnerstag: "So kann man nicht Politik machen. Faymann verwechselt die Ankündigung in Medien mit einer Lösung, die über Gespräche mit den Betroffenen erzielt werden." Faymann selbst spricht von einem "Desaster für beide Regierungsparteien" . Sein Vertreter, Kanzleramtsminister Josef Ostermayer, gibt Mitterlehner ganz offen die Schuld am Scheitern des Asylgipfels. Mitterlehner habe angesichts des Widerstands der ÖVP-Landeshauptleute die Regierungslinie nicht beibehalten können. Dass der Krone-Artikel ein Grund für Eklat und Scheitern gewesen sein soll, weist Ostermayer zurück: Wenn man deshalb eine gute Lösung verhindere, wäre das nicht sehr reif.Erwin Pröll stellte wiederum klar, er habe weder Mitterlehner noch Faymann angeschrien, sondern lediglich "sehr deutliche Worte" gefunden. Dass "Unfreundlichkeiten" ausgetauscht worden seien, sei aber richtig. Der Faymann-Plan sei untauglich gewesen, damit wäre das Problem, das neun Länder und der Bund nicht lösen können, mit 95 Bezirken multipliziert worden. Pröll hält Faymann vor, nicht zu wissen, wie man Überzeugungsarbeit leiste.
 derstandard.at

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