Thursday, August 25, 2016

Wir haben verstanden: Der Enigma-Journalismus

Das Hamburger Polizeipresseportal  zum Beispiel spiegelt recht freimütig, wer in der Hansestadt am kriminellen Tagesgeschehen beteiligt war oder unter dringendem Tatverdacht steht. Nutzt leider nix, wenn Medien die ihnen von der Polizei kostenfrei überlassenen Meldungen um entscheidende Details verkürzen. Da kommt es schon mal zu Glanzleistungen der Manipulation, die an Strafvereitelung aufgrund toleranzbesoffener Hirnerweichung grenzen.
Der jüngste Fall: Am 19. August veröffentlichte die Polizei Hamburg einen Zeugenaufruf, wie üblich in der Hoffnung auf dessen korrekte Weiterverbreitung durch die Lokalmedien. Es ging um einen Raubüberfall auf einen Supermarkt im Stadtteil Eimsbüttel. Drei Täter, bewaffnet mit einem Messer und einer Schusswaffe, hatten die Angestellten gefesselt und 1.000 Euro geraubt. Nach Auslösung des Alarms und Befreiung der Opfer wurde eine Fahndung eingeleitet, welche ergebnislos blieb. Die Polizeipressestelle veröffentlichte detaillierte Täterbeschreibungen und vermerkte ausdrücklich, jeder der drei Räuber habe ein „südländisches bzw. nordafrikanisches Aussehen“.
Die „Hamburger Morgenpost“ druckte die Polizeimeldung nur zum Teil ab. Nicht ein Sterbenswörtchen verlor sie über das Wichtigste des Zeugenaufrufs, nämlich die Angaben über die Bekleidung und das Aussehen der Täter. Stattdessen vermeldete sie, die Polizei fahnde „jetzt mit Hochdruck nach den Tätern“; gerade so, als verteile die Polizei an der Elbe üblicherweise nur Knöllchen an Parksünder.
Zum Ausweis ihrer Kooperation mit den Ermittlern druckte die Zeitung eine Telefonnummer der Polizei ab, unter der sich mögliche Zeugen melden sollten. Zeugen, denen die Mopo zuvor alles unterschlagen hatte, was deren Gedächtnis vielleicht auf die Sprünge hätte helfen können.
Den letzten Lesern des mit Fug und Recht untergehenden Blödblattes  kann es wurscht sein. Selbst diese armseligen Idioten haben, denke ich, instinktiv ganz gut verstanden, wer sich da im Supermarkt bediente.
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