Thursday, February 16, 2017

Flüchtlinge nutzen Pendeltrick zur Abzocke

Es ist eine Lücke im System, die einige Flüchtlinge offensichtlich vor den Behörden erkannt haben: Sie beantragen in Italien und in Deutschland Asyl. Dann pendeln sie mit dem Fernbus zwischen den beiden Ländern und holen sich so Monat für Monat doppelt so viele Sozialleistungen ab, als ihnen zustehen. Rund 80 solcher mutmaßlicher Betrüger haben Lindauer Schleierfahnder im vergangenen Jahr erwischt. Die Dunkelziffer dürfte aber um einiges höher sein. Die Politik hat das Thema offenbar überhaupt nicht auf dem Schirm. Nacht für Nacht spielt sich in Zech das gleiche Szenario ab: Schleierfahnder kontrollieren kurz vor der österreichischen Grenze Fernbusse, die aus Deutschland ausreisen. Dabei erwischen sie immer wieder Flüchtlinge, die in zwei Ländern gleichzeitig Sozialleistungen beziehen. Das Phänomen ist laut Alexander Pfaff, Chef der Lindauer Schleierfahnder, relativ neu: „Es kam nicht gleichzeitig mit der Flüchtlingswelle Ende 2015, sondern später“, erklärt er. Die Idee dazu habe sich erst nach und nach – eventuell auch über soziale Medien wie Facebook – herumgesprochen.Durch Lindau führen zwei Linien der Fernbusfirma „Flixbus“, die bei Sozialbetrügern besonders beliebt zu sein scheinen. Die eine läuft von Frankfurt nach Rom, die andere von München nach Turin. Wenn die Busse in Lindau ankommen, muss es schnell gehen: In zwei Teams sammeln die Polizisten Pässe ein. Im Akkord lassen Sie deren Prüfnummern durch verschiedene Datenbanken laufen. Wer sich verdächtig verhält, muss mit den Fahndern aufs Revier – Fingerabdrücke abgeben und das Gepäck durchsuchen lassen. Dort finden die Fahnder dann oft die Aufenthaltsgenehmigungen für Deutschland. „Uns zeigen die Flüchtlinge meist ihre italienischen Papiere, weil sie dort ja hin wollen“, erklärt Pfaff. Laut der Geschäftsbedingungen von Flixbus sind alle Fahrgäste dazu verpflichtet, ein gültiges Ausweisdokument mitzuführen. „Unsere Busfahrer gleichen die Namen auf den Reisedokumenten mit jenen auf den Tickets ab, können aber unmöglich die Echtheit des Dokuments überprüfen. Das ist Aufgabe der Behörden. Zur Lösung könnte also Behördenpräsenz an den Haltestellen beitragen – so wie an Bahnhöfen oder Flughäfen“, schreibt Flixbussprecher Martin Magiapia auf Anfrage der Lindauer Zeitung.Auch die Bundespolizei kontrolliert laut Pressesprecher Matthias Knott Fernbusse auf der Route Italien-Deutschland – allerdings bei der Einreise nach Deutschland. „Ergeben sich bei den bundespolizeilichen Kontrollen Anhaltspunkte für den Missbrauch von Sozialleistungen in Deutschland, werden diese den zuständigen Inlandsbehörden, in der Regel den Ausländerbehörden, mitgeteilt“, schreibt Knott. Wie viele Fälle von Sozialbetrug im Fernbus die Bundespolizei im vergangenen Jahr festgestellt hat, kann er nicht sagen. Auch die rund 80 Fälle der Schleierfahnder sind keine absolute Zahl. Laut Pfaff gibt es eine Dunkelziffer. Wie hoch die ist, weiß keiner. „Nach meiner subjektiven Wahrnehmung nehmen die Fälle aber zu.“ Fest steht: Fernbusse sind bei dieser Art von Sozialbetrügern beliebt – immerhin verzeichnen die Fahnder bei ihren Stichproben im Schnitt fast jeden vierten Tag einen Fall. „Die Busse sind eben am billigsten“, erklärt Pfaff im Gespräch mit der LZ. Eine Fahrt von Frankfurt über Lindau nach Rom kostet zwischen 50 und 60 Euro, von München nach Turin kommt man schon für rund 30 Euro. Und anders als viele Züge fahren die Fernbusse nicht durch die Schweiz, wo es noch Grenzkontrollen gibt. „Und die meisten der Flüchtlinge haben ja Zeit. Dass die Fahrt ein bisschen länger dauert, ist ihnen egal.“ Vor zwei Wochen haben die Fahnder in einem Fernbus eine Nigerianerin, einen Pakistani und einen Eriträer erwischt. Alle drei hatten ihren Wohnsitz in Italien, gültige Pässe und Aufenthaltsgenehmigungen. Zusätzlich hatten sie alle einen Asylantrag in Deutschland gestellt und bezogen auch dort Sozialleistungen. Insgesamt hatten die drei mehr als 7000 Euro Bargeld dabei, das die Fahnder sicherstellten und an die zuständigen Sozialkassen überwiesen.Ein anderes Mal haben die Fahnder von einem mutmaßlichen Betrüger ganze 20000 Euro Bargeld einbehalten. „Wir appellieren an die Flüchtlinge, in Deutschland auf Asyl zu verzichten“, sagt Pfaff. Außerdem leiteten er und seine Kollegen jeden Fall an die zuständigen Ausländer- und Sozialämter weiter. Was dann damit passiert, bekommen die Fahnder meist nicht mehr mit. „Denn Lindau ist nie der Tatort“, erklärt Pfaff. Die Sozialbetrüger, die in Lindau über die Grenze wollen, kommen aus ganz Deutschland, steigen oft mehrere Male um. „Um ihre Wege zu verschleiern, fahren manche Zickzack durchs ganze Land.“
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